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Stadtgeschichte der Vinetastadt Barth

„Barth seit der Stadtgründung“ steht im Mittelpunkt einer Dauerausstellung in der stadtgeschichtliche Abteilung des Vineta Museums, von der Regierungszeit der Rügenfürsten über die glanzvolle Zeit der Pommernherzöge bis hin zu Barth aus dem späten 19. Jahrhundert und zur heutigen Stadtentwicklung.

Die Ursprünge der Stadt Barth liegen bis heute im Dunkel der Geschichte und bieten Raum für Gründungstheorien der verschiedensten Art. Die neuere Forschung brachte Barth sogar mit der sagenumwobenen, goldenen Stadt Vineta in Verbindung, welche auch als "das Atlantis des Nordens" bezeichnet wird. Historisch gesichert ist, dass nach der Christianisierung Pommerns, die im Jahre 1168 mit der Zerstörung der slawischen Burg Arkona auf Rügen durch die Dänen ihren Abschluss fand, die ersten deutschen Kolonisatoren in das Land strömten.

Zwischen zwei slawischen Fischerdörfern entstand wohl in der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts auf einer Erhebung eine deutsche Marktsiedlung. Ihr wurde im Jahre 1255 vom Rügenfürsten Jaromar II. das lübische Stadtrecht verliehen. Die beiden slawischen Burganlagen im Süden und Nordwesten der Stadt mussten auf Forderung der Bürger abgetragen werden. Urkunden aus jener Zeit beweisen, dass sich die Stadt großer Sympathien der Rügenfürsten erfreute. Der letzte des Ranengeschlechts war Witzlaw III., der einzige Minnesänger des norddeutschen Raumes. Er ließ um 1315 in Barth ein Schloss errichten, in dem er oft residierte. Die Universitätsbibliothek Jena bewahrt 14 Lieder und 13 Sprüche aus seiner Feder auf, von denen einige in seinem Barther Schloss entstanden sein mögen. Witzlaw III. starb hier am 8.11.1325, und mit ihm erlosch das rügensche Fürstengeschlecht. Im Jahre 1369 beendete der "Ribnitzer Frieden" langjährige und kräftezehrende kriegerische Auseinandersetzungen mit Mecklenburg. Seitdem gehört Barth zu Pommern. Am längsten residierte Herzog Boglislaw XIII. in dieser Stadt. Er ließ das Schloss in ein zweigeschossiges, mit einem Turm versehenes Renaissancegebäude umgestalten. In seiner 30-jährigen Regierungszeit gründete er 1582 in Barth eine "Fürstliche Hofdruckerei", aus der in den 22 Jahren ihres Bestehens eine Reihe von Schriften und die berühmte Niederdeutsche Barther Bibel hervorgingen.

Kriege, Epidemien, Brände und Sturmfluten richteten im 16. und 17. Jahrhundert schwere Schäden an. So berichtete ein Zeitgenosse im Jahre 1627 über den Einfall Wallensteinscher Soldaten: "Sie fressen und saufen wie die Schweine. Der vierte Teil der Häuser ist öde und wüste. Gehet es so weiter, gibt es bald keinen Tropfen Barthschen Bieres mehr." Wegen seiner vorzüglichen Qualität wurde es im Mittelalter bis nach Nowgorod und Marseille exportiert.

Im Jahre 1727 ließ der Kaufmann Jochim Meinke das erste seegehende Schiff bauen. Doch erst nach dem Anschluss Vorpommerns an Preußen im Jahre 1815 entwickelte sich Barth allmählich zu einem Standort des Schiffbaus und der Reedereien. Im Jahre 1872 gab es fünf Werften und 18 Reedereien. Mit der Anzahl ihrer Schiffe nahm die Stadt die zweite Stelle in Preußen ein. Eine Königliche Navigationsschule bildete von 1863 bis 1924 Steuerleute und Kapitäne aus. Barth nannte sich stolz "See- und Handelsstadt".

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts kam es zur Gründung der Pommerschen Eisengießerei und Maschinenfabrik, einer Fischkonservenfabrik, Zuckerfabrik, einer Dampfmühle, Molkerei, Jutespinnerei und anderer kleinerer Betriebe. Am 01.07.1888 wurde die Bahnstrecke Velgast - Barth eingeweiht und am 04.05.1895 nahm dann die Kleinbahn nach Stralsund und Damgarten ihren Betrieb auf. Die Stadt entwickelte sich zu einer industriellen Metropole. Die Kehrseite der Industrialisierung zeigte sich nach dem 1. Weltkrieg, als einige Fabriken stillgelegt wurden und die Stadt für viele Arbeitslose zu sorgen hatte. Das Antlitz der Stadt veränderte der 1936 entstandene Flugplatz und der Einzug der Flieger- und Flakgarnison. Durch diesen scheinbaren, der Aufrüstung geschuldeten wirtschaftlichen Aufschwung der dreißiger Jahre wuchs die Einwohnerzahl auf 15.000 an.

Während des 2. Weltkrieges gab es mehrere kriegswichtige Betriebe, in denen tausende Menschen beschäftigt waren. 1940 entstand das Kriegsgefangenenlager Stalag Luft I. Bis April 1945 wurden 10.000 Angehörige der Royal Air Force und der US-Air Force dorthin überstellt. Von November 1943 bis 1945 befand sich auf dem Gelände des Fliegerhorstes ein KZ, eine Außenstelle des Konzentrationslagers Ravensbrück, etwa 7.000 Frauen und Männer aus 21 Nationen mussten im Heinkel-Flugzeugwerk arbeiten, mehr als 2.000 Häftlinge starben.

Zum Ende des 2. Weltkrieges zog am 02. Mai 1945 die Rote Armee in die Stadt Barth ein. Von diesem Zeitpunkt an begann für Barth eine neue Epoche der Entwicklung. Eine Reihe von Versorgungsbetrieben nahmen recht schnell ihre Arbeit wieder auf. Dies war äußerst lebensnotwendig, da die Einwohnerzahl durch die Aufnahme von Flüchtlingen auf 26.700 Personen stieg. Der Umsetzung der Bodenreform folgte die Umwandlung von vielen Privatbetrieben in Volkseigene Betriebe (VEB). Aus der Pommerschen Eisengießerei und Maschinenfabrik entstand zuerst der VEB Landmaschinenbau der in den 70er Jahren zum VEB Schiffsanlagenbau umprofiliert wurde. Dieser wurde zum Zulieferer der großen Volkswerft Stralsund. Andere Betriebe, wie die Zuckerfabrik, die Fischverarbeitung und besonders die VEG Saatzucht und Zierpflanzen verhalfen Barth wieder zu industrieller Größe.

Die Vielzahl von Beschäftigten erforderte eine weitere infrastrukturelle Veränderung. In den Neunzehnhundertsiebzigerjahren entstand der neue Stadtteil Barth-Süd mit den für die Zeit sehr modernen Plattenbauten. Eine kleine Welt für sich entstand mit Kindergarten, Schule mit Sporthalle und der typischen "Kaufhalle".

Das Leben in Barth hatte nun wieder kulturell viel zu bieten: Neben dem schon seit 1828 bestehenden Barther Kinderfest etablierten sich die Barther Kulturtage, das Schützenfest, das Tonnenabschlagen, der alljährliche Weihnachtsmarkt und nicht zuletzt die närrischen Feierlichkeiten des "Barther Karnevalsclubs BCC".

Barth war bald wegen seiner idealen Lage am Wasser ein gefragter Urlaubsort. Manchmal führte dieser sommerliche Ansturm zwar zu "Versorgungsengpässen", doch die Barther nahmen es mit Humor und bereiteten sich frühzeitig auf die nächste Saison vor. Dies bedeutete unter anderem oft die Vermietung der eigenen vier Wände. Diese ersten marktwirtschaftlichen Bestrebungen waren sicherlich nicht für das verantwortlich, was im Jahre 1989 folgte.

Durch die Wende veränderte sich das Bild der Stadt Barth erneut. Wie vielerorts fanden Gespräche am runden Tisch statt. Doch die Umsetzung der Einheit kam nicht über Nacht. Die Veränderungen waren einschneidend und sorgten in den ersten Jahren nicht unbedingt für Verbesserungen für die Barther Bürger. Im Jahre 1987 hatte Barth noch 11.984 Einwohner; 2001 wurden noch 9730 Einwohner gezählt, wobei der größte Abwanderungsverlust in den Jahren 1990 - 1993 erfolgte.

Die Abwanderungsgründe lagen vor allem in der Tatsache, dass die wirtschaftliche Infrastruktur zusammenbrach. Durch das Schwinden von Absatzmärkten und kaum noch vorhandener Nachfrage nach regionalen Produkten seitens der Einwohner mussten viele Betriebe schließen. Hinzu kam der von der EU vorgegebene freie Binnenhandel. Anhand der VEG Saatzucht und Zierpflanzen wird deutlich, welche Folgen die Privatisierung hatte: Ein bisher europaweit etablierter Betrieb musste unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten seine Produktion einstellen. Es war günstiger geworden, Blumen zu importieren als weiterhin die großangelegten Gewächshäuser zu bewirtschaften. Mit marktwirtschaftlichen Augen betrachtet, mutierte das einst florierende Unternehmen zum Subventionsbetrieb und konnte in dieser Form nicht weiter bestehen bleiben. Dieses Schicksal teilten auch die VEB Zuckerfabrik, die VEB Fischverarbeitung und etliche andere kleinere Betriebe. Viele Menschen verloren ihren Arbeitsplatz und mussten umdenken.

Die attraktive Lage der Stadt Barth bescherte den Einwohnern weiterhin viele Besucher und eine neue Branche, der Tourismus, entwickelte sich zu einem wichtigen Standbein der Barther Wirtschaft. Der Hafen wurde zu einer attraktiven Flaniermeile mit maritimer Gastronomie umgebaut. Die Silhouette des Hafens ist geprägt durch ein architektonisch herausragendes Steuerhaus und dem aus einem ehemaligen Speicher entstandenen 4-Sterne Hotel. Durch Erschließung von Gewerbegebieten siedelten sich am Stadtrand der Handel und das produzierende Gewerbe an. In die Zukunft blickend wurde auch die Landebahn des Barther Flugplatzes erweitert. Neue Gartenbaubetriebe setzen die Gartenbautradition fort. Seit dem Sommer 2007 wird selbst an uralter Tradition angeknüpft und wieder Barther Bier gebraut.

Im kulturellen Bereich etablierte sich ein Theater, eine Dependence der Vorpommerschen Landesbühne mit einem festen Haus und allsommerlich mit Festspielen im Theatergarten.

Viel Zeit wurde in die kulturelle Arbeit investiert. Man besann sich auf die mittelalterlichen Wurzeln und begann die steinernen Relikte, zum Beispiel das "Adlige Fräuleinstift", liebevoll zu restaurieren. In diesem Zusammenhang wurden archäologische Untersuchungen des Marktplatzes und am Standort des Fischertores durchgeführt, die weitere Erkenntnisse über die mittelalterliche Stadtanlage lieferten. Auf dem Gelände des Marktplatzes wurden Reste alter Feuerstellen entdeckt, die von der zuständigen Archäologin als "mittelalterliche Imbissbuden" bezeichnet wurden. Diese dokumentieren den regen Handel im gastronomischen Ambiente in bereits sehr früher Zeit.

Die Vermutung, dass Barth im Mittelalter eine bedeutende Handelsmetropole war, teilen nicht nur die regionalen Historiker. Seit dem Jahre 1998 darf sich die Stadt Barth als Vinetastadt bezeichnen. Eine Theorie von zwei Berliner Wissenschaftlern vermutet das "Atlantis des Nordens" in den Tiefen des Barther Boddens. Seit dem findet man in der Stadt ein Vineta Museum sowie eine im Jahr 2006 erbaute Sport- und Eventhalle, die Vineta-Sportarena.

Colorierter Kupferstich

aus dem Jahre 1590 von Braun und Hogenberg (vermutlich älteste bildliche Darstellung der Stadt)
Colorierter Kupferstich

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Anprechpartner

Frau Stephanie Mählmann

Stadtarchiv
Teergang 2
18356 Barth
Tel. 038231-37-140
Fax 038231-37-154

Email: archiv@stadt-barth.de

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Di. auch von 13.30 - 17.00 Uhr
Mi. 8 - 12 Uhr (nach vorheriger Terminabsprache)
Fr. keine Sprechzeiten